
Stars ihrer Zeit – Künstlerinnen im 18. & 19. Jhd.
Das 18. Jahrhundert war eine Zeit des aufgeklärten Absolutismus. Politisch war es eine Zeit der Veränderung- in Frankreich tobte die Französische Revolution und Ende 1789 wurde die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte verkündet.
Doch die neu erworbenen Rechten galten nur für Männer. Frauen waren im Wesentlichen für Haus und Kinder zuständig- Bildung, politisches oder eigenständiges Denken und Handeln war eben nicht gewünscht. Auch im 19. Jahrhundert veränderte sich diese Situation für Frauen nicht im Wesentlichen; Es verstärkte sich eher noch die Trennung von privat und öffentlich, und der Zugang zu vielen öffentlichen Bereichen blieb den Frauen verwehrt, zumindest ohne Ehemann.

Anna Dorothea Therbusch (1721 Berlin, † 1782 Berlin) wurde in Berlin als Tochter eines polnischen Malers geboren. Ihr Vater, Georg Lisiewska, der zuvor am Hof des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. als angesehener Maler tätig war, gab sein Talent an die drei Kinder weiter.
Mitte des 18. Jahrhundert war Frauen eine künstlerische Ausbildung an den Kunstakademie strengstens untersagt, so erhielten Anna Dorothea und ihre beiden Geschwister Anna Rosina de Gasc und Christoph Lisiewska ersten Unterricht im Portraitieren von ihrem Vater.
1721 heiratete Anna Dorothea den Berliner Gastwirt und Hotelier der „Weißen Taube“, Ernst Friedrich Therbusch (1711–1773), der ihre künstlerische Tätigkeit akzeptierte. Insgesamt brachte Anna Dorothea fünf Kinder zur Welt, von denen vier das Erwachsenenalter erreichten. In diesen Jahren, mit vielen strengen Pflichten des gutbürgerlichen Lebens malte Anna Dorothea nur sehr wenig, häufig nachts, wenn sie ungestört von Mann und Kindern kreativ sein konnte.
Mit fast vierzig Jahren, 1761, wurde sie von Herzog Carl Eugen von Württemberg nach Stuttgart gerufen, wo sie ihren ersten großen Auftrag annahm. In kürzester Zeit sollte sie insgesamt 18 Supraporten (malerisch/ bildnerisch gestaltetes Feld über einer Tür) für die Spiegelgalerie des Neuen Schlosses gestalten. Im Anschluss an diesen Auftrag wurde sie als Ehrenmitglied in die Académie des Arts aufgenommen.
Heute sind diese Arbeiten leider durch einen Schlossbrand im selben Jahr nicht mehr erhalten. Nur wenige Jahre danach wurde Therbusch als Hofmalerin des Kurfürsten Karl Theodor berufen. In dieser Zeit fertigte Therbusch zwei bemerkenswerte Portraits des Kurfürsten an, die heute in der Kunstgeschichte als Beleg für einen Wandel vom offiziellen Standesportrait hin zum aufgeklärten Herrscher in seinen privaten Räumlichkeiten gelten.
Die beiden Portraits befinden sich heute im Reiss-Engelhorn-Museum Mannheim und der alten Pinakothek München. Letzteres, 1763 datiert, zeigt Karl Theodor, wie er an seinem Thron lehnt und leicht über die Schulter den Betrachter freundlich anschaut. Herrschersymbole wie beispielsweise der prachtvolle Mantel oder das vergoldete Schwert liegen hier nicht im Fokus. Als Gegenbeispiel könnte man hier das weltberühmte Portrait Ludwig XIV. von Hyacinthe Riguad anbringen, welches nur so von absolutistischen Herrschersymbolen strotzt.


Das überlebensgroße Portrait zeigt in üppigem Ambiente den dreiundsechzigjährigen König, anmutig auf sein Zepter gestützt. Ludwig XIV. trägt eine Kombination aus Krönungsornat (festliche Amtstracht eines Geistlichen oder Herrschers), Krönungsmantel und Schwert. Ein Spitzenjabot (Kragen), Spitzenmanschetten, Seidenstümpfe, Blockabsätze und ein hermelingefütterter Mantel sind an Pracht kaum zu überbieten. Der Mantel legt sich in großen Falten über die Schulter und gibt somit den Blick auf das vergoldete Schwert frei. Der Hocker, das Kissen, auf dem die Krone und die Hand der Justiz liegen sowie der Thronsessel sind mit dem gleichen, liliengeschmückten Stoff bezogen. Dies lässt den Mantel noch imposanter und größer wirken. Der rote Baldachin zusammen mit dem übrigen Raum lassen die herrschaftliche Atmosphäre fast schon spürbar erscheinen.
Betrachtet wir im Gegenzug noch einmal das Bildnis des Kurfürsten, sehen wir zahlreiche Unterschiede. Das angeschnittene Motiv, die schräge Körperhaltung und der „lässig“ abgestützte Arm lassen die Situation privat erscheinen. Selbstverständlich erkennen wir auch hier, dass sich um einen Kurfürsten handelt, jedoch sind die Attribute stark in den Hintergrund getreten oder farblich nicht stark vom übrigen Umfeld abgesetzt.
Späte Künstlerjahre
Therbusch entschied sich Mitte der 1760er Jahre nach Paris zu gehen. Der Start in einer neuen Stadt als weibliche Künstlerin war mühsam. Die Académie Royale lehnte eine Aufnahme ab, da der Zweifel, solch gute Werke könnten von einer Frau stammen, zu groß war.
Ihre Freundschaft zu dem Schriftsteller Diderot und anderen Künstlern war ihr jedoch von Vorteil, Ende 1767 wurde sie mit der Genreszene Junger Mann, ein Glas in der Rechten haltend, von einer Kerze beleuchtet in die Académie Royale aufgenommen.
Die Pariser Jahre zählen zu den erfolgreichsten, wenn auch wirtschaftlich wenig von Bedeutung. Kurz darauf wurde sie als erste Frau an der Akademie der Künste in Wien aufgenommen- gefolgt von einer Zeit in den Niederlanden, Brüssel, einem Studium der Kunstsammlung Braamcamps und einem intensivem Studium von Rubens. Dies lässt sich besonders schön erkennen an der Art und Weise wie Therbusch, mit Hilfe zahlreicher dünner Lasuren, um ein natürliches Inkarnat zu erzeugen, Gesichter malt.

Nach fast zehn Jahren kehrte Therbusch nach Berlin zurück, wo sie nach dem Tod ihres Mannes in der Straße unter den Linden ein Atelier gemeinsam mit ihrem Bruder betrieb und Unterricht gab.
Nach den erfolgreichen Jahren und großen Aufträgen von Friedrichs II. und Kaiserin Katharina II. von Russland verstarb Anna Dorothea Therbusch im Alter von 61 Jahren in Berlin.
Insgesamt fertigte Therbusch über 200 Gemälde an. Heute sind einige Werke in den Neuen Kammern, im Neuen Palais und im Schloss Sanssouci in Potsdam, in der Berliner Gemäldegalerie, im Staatlichen Museum Schwerin, in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen und im Düsseldorfer Schloss Benrath zu finden, bei vielen weiteren Werken ist der Verbleib unbekannt.
Bibliographie/ Quellen:
Birgit Ulrike Münch, Andreas Tacke, Markwart Herzog, Sylvia Heudecker, Künstlerinnen. Neue Perspektiven auf ein Forschungsfeld der Vormoderne. Bd. 4, Petersberg 2017.
Birgit Verwiebe, Von Dorothea Therbusch bis Anna Peters, Malerinnen von 1780 bis 1880 in der Sammlung der Nationalgalerie, In: Kampf um Sichtbarkeit: Künstlerinnen der Nationalgalerie vor 1919, Berlin 2019.
Gottfried Sello, Malerinnen aus fünf Jahrhunderten, Hamburg 1988.
Zwischen Ideal und Wirklichkeit, Künstlerinnen der Goethezeit zwischen 1750 und 1850 (Ausstellungskatalog Gotha), hg. v. Bärbel Kovalevski u. Bettina Baumgärtel, Konstanz 1999.
https://altemeister.museum-kassel.de/0/35920/ (letzter Zugriff: 15.02.2021)
https://blog.landesmuseum-stuttgart.de/femaleheritage-anna-dorothea-therbusch-eine-kuenstlerin-die-ihren-weg-geht/ (letzter Zugriff am 15.02.2021)
https://www.sammlung.pinakothek.de/en/artwork/JzG6oQz4WO/anna-dorothea-therbusch/bildnis-des-kurfuersten-karl-theodor-von-der-pfalz-und-bayern-1724-1799-im-blauen-samtanzug (letzter Zugriff am 15.02.2021)
https://www.pnn.de/kultur/sie-hatte-diese-laessigkeit-im-pinselstrich/21598982.html (letzter Zugriff: 15.02.2021)
Coverbild: Marie-Gabrielle Capet, Im Atelier von Madame Vincent in der Zeit um 1800, 1808, Öl/Lwd., 69 x 83,5 cm, Neue Pinakothek. Foto gemeinfrei (Detail).